Operette gilt ob der eingängigen Melodien als leichte Muse. Doch nimmt sie oft mit scharfer Ironie Politik und Gesellschaft auf’s Korn. Den Kirchen war sie zu unmoralisch, den Staaten zu kritisch. War die Operette bis zum Ersten Weltkrieg vor allem durch den Walzer geprägt, kamen danach neue Töne und Rhythmen vor. Mit der Ausbreitung des Jazz nach Europa wurde diese neue Musik schon bald in der Operette adaptiert. Nun waren es Modetänze wie Charleston, Shimmy und Foxtrott, die zu Operettenschlagern wurden. Im Dritten Reich waren sie ebenso wenig erwünscht wie die jüdischen Komponisten. Für den gewandelten Geschmack der 1950er-Jahre wurden viele dieser Jazz-Operetten umgeschrieben und erhielten erst da ihren schnulzigen Klang.
Klaus J. Loderer hat an der Universität Stuttgart Architektur und Städtebau mit dem Schwerpunkt Architekturgeschichte studiert. Er ist als Redakteur, Kulturjournalist und Bauhistoriker tätig und unterrichtet an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen Architekturgeschichte.